park in progress. Stadtlabor unterwegs in den Wallanlagen

Ein Rückblick

Über vier Monate waren wir mit dem Stadtlabor in den Frankfurter Wallanlagen unterwegs – Hundert gelbe Stangen, Litfaßsäulen, Objekte und Kunstinstallationen begegeneten dem Flaneur und ermöglichte neue Sichtweisen auf die beliebte Grünfläche rund um die Frankfurter Innenstadt. Eine Wanderkarte und eine Smartphone-App erleichterten den Zugang und über 70 Veranstaltungen brachten dem Park eine breite Aufmerksamkeit. Wir danken allen, die daran mitgewirkt haben! Es war ein wildes, gelbes, vielschichtiges, mutiges, arbeitsreiches und intensives Projekt!

Am Mittwoch, 29.10 laden wir ein zum gemeinsamen Resümee, zur Buch und Filmvorstellung und zur „Stadtlabor-Debatte“ mit Hanno Rauterberg! Für alle Urbanisten, Stadtaktivisten und Frankfurt-Liebhaber: Ab 18:00 im historischen museum, Leopold-Sonnemann-Saal! Im Anschluss Einladung zu Getränken! Für Stadtlaborant*innen freier Eintritt, für alle anderen: 4€

Wir freuen uns auf euren Besuch!

Letzte Gelegenheit: Vollendete SkulpturMüllSkulptur

Über vier Monate hinweg haben Klienten der integrativen drogenhilfe e.V., Café Frieda Müll in der Friedberger Anlage gesammelt und ihn gemeinsam mit der Kommunikationskünstlerin Gabriele Juvan zu einer Skulptur aus Müll weiterbearbeitet. Die gemeinsame Arbeit sollte das Ausmaß an täglich anfallendem Müll in den Wallanlagen zeigen. Gleichzeitig ist auch eine „soziale Skulptur“ entstanden – Begegnungen zwischen den Parkreinigern, Parkbesuchern und vielen Anliegern haben das Projekt lebendig gemacht. Die Reaktionen auf das Projekt waren sehr gemischt – aber so muss Kunst auch funktionieren, oder? Die temporäre Skulptur in der Friedberger Anlage ist nun vollendet und wird morgen abgebaut!

Mit der finalen Form der Skulptur erhält das Projekt seinen künstlerischen Abschluss.

Alle sind herzlich eingeladen zum Abbau der Skulptur, Höhe der Friedberger Anlage 24: Am Dienstag, 23.9. ab 9:30 Uhr. Das ist die letzte Gelegenheit, mit den Beteiligten und der Künstlerin Gabriele Juvan zu sprechen und das temporäre Kunstwerk zu begutachten. Für alle anderen gibt es hier Impressionen…

Einladung: Finissage von „park in progress“

Wir laden herzlich ein zur Finissage von „park in progress“ am Sonntag, 21. September. Wir machen eine letzte gemeinsame Fahrradtour, die ab 14:00 Uhr an der Alten Oper startet und dann die Strecke der historischen Stadtstaffel von 1925 (Ri. Main) abfährt. Alle Teilnehmer/innen erhalten auf Wunsch ihre Ausstellungstafel und alle anderen können sich noch ein letztes Mal an der Assoziationskette durch die Wallanlagen erfreuen! Ende ist 16 Uhr wieder an der Alten Oper!

Am Samstag, 20. September locken noch mal die Präsentation der fertigen „SkulpturMüllSkulptur“! Ab 15 Uhr kann in der Friedberger Anlage die in den vergangenen drei Monaten gewachsene Skulptur in ihrer endgültigen künstlerischen Form betrachtet werden. Es sei verraten: das wird spektakulär!

 

Die Ausstellung war ein großer Erfolg, ein spannendes Sammelsurium aus Begegnungen, Beziehungen und Stadterforschung! Wir sind traurig, dass die Zeit schon wieder vorüber ist – ein ausführliches Resümee und weitere Eindrücke der vergangenen drei Monate gibt es bald an dieser Stelle!

Stadtstaffel-Läufe „Rund um die Frankfurter Anlagen“

Im Rahmen meiner Tätigkeit für den Arbeitskreis „Sport und Geschichte“ beim Landessportbund Hessen habe ich 2013 erfahren, dass die Wallanlagen Thema des aktuellen Stadtlabors des historischen museums frankfurt sind. Diese Gelegenheit habe ich genutzt, um das Thema „Geschichte der Stadtstaffel-Läufe“ in die Planungsüberlegungen einzubringen, da regionale und lokale Bezüge der Sportgeschichte in unserer Gesellschaft heute nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Die von mir konzipierte Tafel 15 der Ausstellung in den Wallanlagen beschäftigt sich daher mit der Frankfurter Stadtstaffel. Außerdem werde ich am Montag, 8. Sept. 2014, im Nachbarschaftszentrum Ostend über die äußerst abwechslungsreiche Geschichte der Stadtstaffel-Läufe in Frankfurt referieren. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr. Darüber hinaus soll bei der Finissage der Ausstellung am 21. Sept. 2014 ab 14 Uhr mit einer Fahrradtour um den Anlagenring auch an den historischen Staffellauf von 1925 erinnert werden.

Anfang des 20. Jahrhunderts war der Konkurrenzkampf zwischen dem traditionellen deutschen „Turnen“ und dem englischen „Sport“ voll entbrannt. Wohl auch aus Gründen der Öffentlichkeitsarbeit propagierten die „Sportler“ deshalb die Veranstaltung von „Groß-Staffelläufen“ in den großen deutschen Städten. An diesen Staffel-Läufen nahmen jeweils Mannschaften mit relativ vielen Läufern teil, die eine größere Distanz überwinden mussten.

1908 wurde die erste Groß-Staffel in Deutschland auf der Strecke Potsdam – Berlin ausgetragen. Diese Staffel entwickelte sich zum Vorbild für entsprechende Staffel-Läufe in anderen deutschen Großstädten. In Frankfurt fand 1911 die erste „Stadtstaffel“ statt, an der sich vor allem die Frankfurter Fußball- und Rugbyvereine beteiligten. Die beiden ersten Staffeln wurden von den Mannschaften des SC 1880 Frankfurt gewonnen. 1913 siegte der Frankfurter Fußballverein als Vorläufer von Eintracht Frankfurt.

Stadtlabor Wallanlagen_Streckenplan 1957_web

Vor allem in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts waren die Stadtstaffeln in Frankfurt sehr beliebt und entwickelten sich zu Höhepunkten des Frankfurter Sportgeschehens. Die letzte Stadtstaffel in der NS-Zeit fand 1942 statt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde bereits 1947 wieder eine Stadtstaffel ausgetragen. Diese Tradition hielt sich bis 1960. Danach gab es nur noch sporadisch einzelne Staffel-Läufe bis zur letzten Stadtstaffel im Jahr 1980.

An die Stadtstaffel schlossen sich in der Regel „Werbemärsche“ an, die häufig am „Römer“ endeten. Dort wurden dann Reden gehalten und die Sieger geehrt. Zur Teilnahme waren nicht nur die Läufer eines Vereins, sondern auch Vertreter aller anderen Abteilungen dieses Vereins verpflichtet. Die von Musikkapellen begleiteten „Werbemärsche“ fanden natürlich ebenfalls das besondere Interesse der Frankfurter Bevölkerung.

Leider ist die Erinnerung an diese und andere bedeutende frühere Frankfurter Sportveranstaltungen, zu denen auch die berühmten Ruderregatten gehörten, heute weitgehend verloren gegangen. Daher möchte ich zumindest auf die Stadtstaffel-Läufe aufmerksam machen, die zeitweise Zehntausende von Zuschauern auf die Frankfurter Straßen lockten. Austragungsort dieser Stadtstaffeln waren seit 1925 sehr häufig die Straßen rund um die Wallanlagen.

 

Stadtlabor Wallanlagen_ Emmi Haux am Ziel 1926

 

Termin: Montag, 8. September 2014, 18:30 Uhr
Vortrag: Die Frankfurter Stadtstaffel

Mit Peter Schermer, Landessportbund Hessen

Ort: Nachbarschaftszentrum Ostend (Uhlandstr. 50, 60314 Frankfurt)

 

Sonntag, 21. September 2014, 14 Uhr

Finissage der Ausstellung: Fahrradtour um den Anlagenring

Erinnerung an den historischen Staffellauf von 1925

Treffpunkt: Alte Oper, Bockenheimer Anlage

 

→ Die Stadtstaffel zum Nachhören in der Smartphone-App: Peter Schermer über den Auschluss jüdischer Sportler von der Frankfurter Stadtstaffel (Untermainanlage)

Das Museumsuferfest in den Wallanlagen

In diesem Jahr hoffen wir ganz besonders auf gutes Wetter beim Museumsuferfest – das kurze Herbst-Intermezzo könnte sich doch ganz vortrefflich in einen goldenen Spätsommer wandeln und die Wallanlagen ein weiteres Mal in Szene setzen? Wir drücken die Daumen, klopfen auf Holz und essen unsere Teller brav leer, damit wir am kommenden Wochenende endlich die Performance Gruppe „red park“ im Stadtlabor unterwegs erleben können! Nachdem die sintflutartigen Regenfälle der letzten Tage zur Verschiebung der Sperrbatzenkrawall-Performance führte, gibt es am 29./30. August nun ein Performance-Doppelfeature:

Bockenheimer Anlage_Stadtbad Mitte, (c) Dieter Church, Foto: Horst Ziegenfusz

Den Anfang macht das Sleep-In „Park & Breakfast“ am 29. August ab 20 Uhr in der Bockenheimer Anlage. Thema sind die verschiedenen Interessen, die schon seit Entstehung des Anlagenrings um eine Aneignung der öffentlichen Grünanlagen ringen. Als die Regierung der Stadt Frankfurt 1802 beschloss die Mauern des Stadtwalls abzutragen, sollten die entstehenden Freiflächen in den Dienst der Stadtbevölkerung gestellt werden, um öffentlich zugängliche Grünanlagen zu schaffen. Der 1827 unternommene Versuch, den Schutz der Anlagen durch die Frankfurter „Wallservitut“ dauerhaft festzuschreiben, kann städteplanerisch als sehr fortschrittlich gelobt werden. Trotzdem wurde diese Vereinbarung häufig umgangen. „red park“ möchte den zweckfreien Gebrauch des öffentlichen Raums gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen verteidigen. Sie laden daher dazu ein, gemeinsam eine Nacht in den Wallanlagen zu verbringen. Der Abend beginnt mit einer Soiree urbaner Aneignung, mit Laubdusche, Dreibatzenoper und Mitternachtskino. Enden wird Park & Breakfast mit einem gemeinsamen Frühstück und alternativem Wellnessprogramm. Treffpunkt ist die Bockenheimer Anlage auf Höhe des Hilton Hotels, Schlafsack nicht vergessen!

Am Samstag, den 30. August laden „red park“ ab 20 Uhr erneut zur Verständigung über die Notwendigkeit kommender Aufstände in die Friedberger Anlage ein. Anlass sind die Sperrbatzen-Krawalle von 1831 am Allerheiligentor. Mehr zur Performance findet sich im Blogpost von letzter Woche.

Wallanlagen_Märchenbrunnen (c) hmf, Foto: Petra Welzel

Außerdem bieten wir am Sonntagvormittag um 11 Uhr zwei Spaziergänge durch die Ausstellung an:

  • Einmal wird es um das Format Stadtlabor unterwegs gehen. Wie entwickelt man eine partizipative Ausstellung und warum sind die Wallanlagen Thema des mobilen Ausstellungsformats? Die Tour bietet einen Überblick über die 60 Ausstellungsbeiträge, steuert ausgewählte künstlerische und historische Beiträge an und wirft einen Blick hinter die Kulissen der partizipativen Ausstellungsarbeit. Treffpunkt ist der Brunnen am Willy-Brandt-Platz.
  • Außerdem wird es einen Rundgang zur Geschichte der Wallanlagen geben. Wenn Sie schon immer einmal wissen wollten, wie und warum es zu den Frankfurter Wallanlagen kam und wie sich die Befestigungsanlagen zu prachtvollen Gärten entwickelten, wer die Macher der Wallanlagen waren und was die „Wallservitut“ ist, dann erhalten Sie Antworten auf dem Rundgang vom Bürgergarten bis zum Nizza am Mainufer. Die Tour mit Manfred und Gabriele Steiner beginnt am Flemings Hotel Deluxe am Eschenheimer Tor.

Vandalismus in den Wallanlagen

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Nach der dreimonatigen Ausstellungsdauer haben wir ein beachtliches Repertoire an Vandalismus-Akten gesammelt, die von kreativen Aneignungsprozessen über sinnfreie Zerstörung bis hin zu böswilliger Systematik reichen. Wir fragen uns, warum manche Tafeln mit besonderem Vandalismus bedacht und andere einfach links liegen gelassen werden? Sind sie besonders provokant? Oder haben sie nur das Pech an einer stark frequentierten Stelle angesiedelt zu sein? Bieten sie sich als außergewöhnliche Frankfurt-Souvenirs an? Oder liegt es am reizvollen Rüttel-Format? Zu Ende gedacht sind die Überlegungen noch lange nicht und wir freuen uns über Rückmeldungen zum Thema.

Worüber wir uns nicht freuen, sind die Beschmierungen in der Friedberger Anlage, die systematisch auf allen Tafeln zum jüdischen Leben im Ostend und den Anlagentafeln angebracht wurden. Obwohl keine einschlägigen Zeichen verwendet wurden, ist ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen. Es ist erschreckend zu sehen, wieviel Zeit und Genauigkeit aufgebracht wurde, um alle Informationen mit grüner Farbe unleserlich zu machen. Mittlerweile haben wir die Tafeln gereinigt und eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet, die gegen den zielgerichteten Vandalismus vorgeht. Das stadtlabor unterwegs versteht sich als eine Plattform für offenen Austausch und Diskussion, die sich deutlich gegen diese böswillige Form des anonymen Protests positioniert.

Einen erfreulicheren Ausblick bietet die anstehende Neu-Montage von 17 Tafeln und sieben Stangen. Während das Stadtlabor-Team im Mai die ersten Reparaturen noch selbst in die Hand nahm, hat sich mittlerweile so viel angesammelt, dass wir unsere Montagefirma noch mal in die Wallanlagen schicken. Für den letzten Monat der Ausstellung bekommen dann einige Geschichten der Stadtlaborant*innen neue, druckfrische Trägermaterialien, um weiterhin allen Interessierten Wissenswertes über die Wallanlagen zu erzählen. Die Beiträge, die bis heute standgehalten haben, werden im Zuge der Neu-Montage poliert und gewaschen, so dass die Ausstellung auch für die erneut millionenstark angekündigten Museumsuferfestbesucher*innen strahlend-gelb bereit steht. Es gibt also viel zu tun – let’s go to work!

Müll zu Schönheit?

Kann Müll schön sein? Wie lässt sich Arbeit sichtbar machen? Wie viel Müll fällt eigentlich in den Wallanlagen an?

In drei Monaten entstehen 55 Kubikmeter Müll allein in der Friedberger Anlage – etwa soviel wie ein geräumiges Wohnzimer fassen kann. Die Parkreiniger der integrativen drogenhilfe Café friedA machen den Müll weg – täglich. Gemeinsam mit der Kommunikationskünstlerin Gabriele Juvan entstand im vergangenen Jahr die Idee, aus dem Müll Kunst zu machen und damit sein Ausmaß sichtbar zu machen, erzählt Irene Meyer, die Leiterin der Einrichtung. Eine sichtbare Skulptur wächst auf der Wiese vor der Einrichtung und vielleicht wichtiger: unsichtbare Beziehungen entstehen. Die Teilnahme am „Stadtlabor“-Projekt bedeutet für Tobias (30) Wertschätzung und Anerkennung seiner Arbeit – und die Mitarbeit bei dem Kunstprojekt gibt seinem Tag mehr Struktur. Sein Projekt ist außerdem ist die Pflege der Facebook-Seite, die er extra dafür angelegt hat – dort stellt er Bilder vom Prozess ein.

Die Rückmeldungen zum Projekt sind kontrovers – viele verstehen nicht, was die Drahtgitterkörbe mit dem Müll sollen und ärgern sich darüber, andere versuchen, die Körbe aufzubrechen um vielleicht noch eine Pfandflasche zu erwischen. Viele der Schüler der angrenzenden Julis-Leber-Schule begegnen den Parkreiniger-Team hingegen mit Respekt – durch das Projekt kommen viele neue Gespräche und Kontakte zustande. Viele finden es wichtig, dass das Ausmaß des Mülls, den wir produzieren, sichtbar wird; andere denken, dass gerade die Verbindung zwischen künstlerischem und sozialem Ansatz den Wert des Projekts ausmacht. Das Team hat immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen – der Müll muss sortiert werden, bevor er in die Drahtgitterkörbe kommt – zu groß wäre die Gefahr, dass die Skulptur anfängt zu stinken und Ratten anzieht. Die Motivation für diese Arbeit ist nicht immer leicht und da hilft es, dass Gabriele Juvan einen Kuchen backt, sobald ein Korb gefüllt wird.

Die Müllskulptur ist lebendiger Teil von „park in progress“ – sie wächst, sie verändert den Ort, den wir mit dem Stadtlabor untersuchen und sie weckt Bewusstsein für die Grünfläche und vielleicht ihren Wert. Wer die Skulptur beim Wachsen beobachten möchte, kann dies in der Friedberger Anlage tun. Beitrag Nr. 47 in der Wanderkarte…HM_Stadtlabor_Map_A2_140423_final-page-002_web

Termin: Wer mehr über das Projekt wissen möchte, kommt zum Werkstattgespräch am 20. September um 15 Uhr – dann wird die fertige Skulptur nur für kurze Zeit präsentiert, danach wird sie abgebaut. Ein Audiostatement vom Team zum Projekt gibt´s in der Smartphone-App.

 

Urbaner Klangteppich

Wer kennt sie nicht, die Klänge der Stadt: Baustellengeräusche, Motorenlärm, Vogelgezwitscher und Stimmengewirr. Man könnte sich still mit geschlossenen Augen in die Stadt stellen und nur auf den Klang konzentrieren – man würde noch viel mehr entdecken, um die Stadt zu vermessen. Auch die Wallanlagen haben einen eigenen Klang – zwischen Hochhäusern bricht sich der Schall der Baustellen und manchmal setzen sich die Vögel gegen die Straßenbahn durch. CLUBbleu hat zugehört.

Die Musik, die von den beiden Künstlern daraus entwickelt wurde, verwundert und fasziniert gleichzeitig: Experimentelle, abgehackte Sounds vermischen sich mit elektronischen Rhythmen, aus minimalen Sequenzen der Stadt entstehen neue Klangteppiche. CLUBbleu nennt das Recycling. Recycelt werden Sounds von Orten, die visuell als „Ort“ verstanden werden, auditiv hingegen einen Nicht-Ort darstellen. Eine Beobachtung, die von den beiden Künstlern in Frankfurt während ihrer Field-Recordings häufig gemacht wurde.

Das Ergebnis: Elektro-Noise-Klänge, analoge Synthesizer, Field Recordings und Live-Elektronik verbinden sich in ihrer Musik mit Einflüssen aus elektroakustischer Musik und Elementen aus Electronica, Industrial und Death Metal. Wie das klingen kann?

CLUBbleu sind Julia Mihály und Felix Leuschner – die beiden Künstler haben sich neu niedergelassen im Rhein/Main Gebiet und das Stadtlabor-Projekt von Anfang an begeistert begleitet, uns kräftig beim Crowdfunding unterstützt und  das Gesamtprojekt als Chance für sich begriffen, die Stadt zu entdecken, zu vermessen, anzueignen. Mit ihren einzigartigen, faszinierenden Sound-Komposititionen haben Sie einen eigenen Wallanlagen-Klang geschaffen. Das Konzert am 16.7. wurde nicht zuletzt durch den Visuellen Künstler Tosh Leykum aus Hannover zu einem fesselnden Gesamterlebnis. Vielen Dank!

Wers gerne mag: Hier geht es zur Smartphone-App – für jede der sieben Anlagenabschnitte haben CLUBbleu einen eigenen Sound komponiert. Wer es noch mehr mag, kann die CD „Dark Energy – frankfurt album“ im historischen museum erwerben!

Zeichnerischer Spaziergang durch die Wallanlagen

Kamü hat einen eigenen, locker-leichten Blick auf die Wallanlagen. Ihr „Zeichnerischer Spaziergang“ lädt ein, den Frankfurter Anlagenring mittels vieler situativer Zeichnungen zu entdecken. In jedem Anlagenabschnitt finden sich zwei Zeichnungen von Orten oder charakteristischen Situationen – aus der Sicht von Katharina Müller (Kamü). Im Literaturhaus (Schöne Aussicht 2) ist eine Bildstrecke der Originalzeichnungen zu bewundern.

Viel Spaß beim sommerlichen Spaziergang – von der Obermain- bis zur Untermainanlage!

Übrigens: Dieser Beitrag war bisher am meisten vom Vandalismus betroffen  – passt doch deshalb gut auf ihn auf, wenn ihr ihn seht!

Leuchtturm in der Eschenheimer Anlage: Wunschbaum der Wohnungslosen

Gestern bin ich vor der Arbeit wieder mal an unserem „Wunschbaum der Wohnungslosen“ in der Eschenheimer Anlage vorbei geradelt, um zu sehen, ob mit ihm noch alles in Ordnung ist. Ich sehe ihn schon von weitem: er (eigentlich sind es zwei) strahlt wie ein Leuchtturm in sommerlichen, sonnigen Farben. Einfach nett!

Bemerkenswert sind auch die Begegnungen und Gespräche mit den Menschen, die der Wunschbaum mit seinen authentischen, individuellen Aussagen ermöglicht. Die Bewohner des Howard-Philipps-Hauses: für sie gehört der Wunschbaum mittlerweile zum Alltag. Es wird nicht sehr viel drüber geredet, aber wenn, dann mit Respekt und auch mit Stolz: „Ich habe etwas gesagt und nun ist es sogar veröffentlicht!“, meinte einer. Was mich persönlich erstaunt: keiner der „harten“ Mannsbilder findet das Projekt kindisch oder macht sich drüber lustig. Im Gegenteil, es kam schon die Anfrage, ob noch Platz für weitere Wunschfahnen sei… Die innere Kraft und Triebfeder von Wünschen wird spürbar.

Besucher des Bergfestes: schön und oft lustig war die Reaktion auf unser Angebot, eigene Wünsche in die Bäume zu hängen. Vielfältige Wünsche: gesicherte Rente, Gesundheit, Glück für die Kinder und Frieden für die Menschheit – alles ganz normal, auch in Nepali und Oromo. Übrigens ein mehrfach geäußerter Wunsch ist vor dem WM-Endspiel in Erfüllung gegangen. Welcher wohl?

Stadtlabor unterwegs_Wunschbaum der Wohnungslosen_Berfest

Das Schöne an dieser Aktion ist die Aufhebung von Grenzen, Klischees und Zuschreibungen. Ich erkenne keine Unterschiede zwischen den Wünschen der Wohnungslosen und denen von „Wohnungsbesitzern“ (außer nach einer Wohnung). Was Besseres kann eigentlich nicht passieren, oder?

Heute in der Teamsitzung des Howard-Philipps-Hauses: Was passiert eigentlich, wenn das Wallanlagen-Stadtlabor im September beendet ist? Was wird aus dem Wunschbaum der Wohnungslosen mit seiner leichten, sonnigen Ästhetik im Widerspruch zur bleiernen Schwere der Thematik „Wohnungslosigkeit“? Eigentlich sollte seine Botschaft weiterleben…das wäre einfach nett, oder? Hat jemand Ideen?