Eine Geburtstagsfeier für Goethe

Ein Haus für Goethe_Taunusanlage (c) wikimedia commons

Nicht wenige Zeitgenossen hat das Universalgenie in seiner Zeit als Geheimer Rat und Minister menschlich enttäuscht; Manchen bewusst gekränkt und brüskiert.

Irene Glueck hat einige davon eingeladen, ihre Klagen vorzutragen. Goethe wird wieder mal nicht kommen, wie zu keiner der Geburtstagsfeiern, die die Frankfurter dem gerühmten Dichter ausgerichtet haben. Wir hören zum Beispiel Goethes Mutter, die er 33 Jahre nicht besucht hat, Frau von Stein die er schnöde versetzte, den letzten Diener Stadelmann, wegen Trunksucht entlassen und natürlich Friedrich Schiller, Hölderlin, J.M.R. Lenz, Johann Merck.

Mal gucken, was Goethe erwidert. Entschuldigt ist er ja diesmal: Auf dem Dichterolymp ist er nun wirklich unabkömmlich. Ein wenig „Hochheimer“ zum Anstoßen haben wir aber trotzdem dabei.

Irene Glueck erwartet die Gäste am 28.August 2014 um 17:00 am „Haus für Goethe“ (Skulptur des Katalanen Eduardo Chillida) in der Taunusanlage.

Das Museumsuferfest in den Wallanlagen

In diesem Jahr hoffen wir ganz besonders auf gutes Wetter beim Museumsuferfest – das kurze Herbst-Intermezzo könnte sich doch ganz vortrefflich in einen goldenen Spätsommer wandeln und die Wallanlagen ein weiteres Mal in Szene setzen? Wir drücken die Daumen, klopfen auf Holz und essen unsere Teller brav leer, damit wir am kommenden Wochenende endlich die Performance Gruppe „red park“ im Stadtlabor unterwegs erleben können! Nachdem die sintflutartigen Regenfälle der letzten Tage zur Verschiebung der Sperrbatzenkrawall-Performance führte, gibt es am 29./30. August nun ein Performance-Doppelfeature:

Bockenheimer Anlage_Stadtbad Mitte, (c) Dieter Church, Foto: Horst Ziegenfusz

Den Anfang macht das Sleep-In „Park & Breakfast“ am 29. August ab 20 Uhr in der Bockenheimer Anlage. Thema sind die verschiedenen Interessen, die schon seit Entstehung des Anlagenrings um eine Aneignung der öffentlichen Grünanlagen ringen. Als die Regierung der Stadt Frankfurt 1802 beschloss die Mauern des Stadtwalls abzutragen, sollten die entstehenden Freiflächen in den Dienst der Stadtbevölkerung gestellt werden, um öffentlich zugängliche Grünanlagen zu schaffen. Der 1827 unternommene Versuch, den Schutz der Anlagen durch die Frankfurter „Wallservitut“ dauerhaft festzuschreiben, kann städteplanerisch als sehr fortschrittlich gelobt werden. Trotzdem wurde diese Vereinbarung häufig umgangen. „red park“ möchte den zweckfreien Gebrauch des öffentlichen Raums gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen verteidigen. Sie laden daher dazu ein, gemeinsam eine Nacht in den Wallanlagen zu verbringen. Der Abend beginnt mit einer Soiree urbaner Aneignung, mit Laubdusche, Dreibatzenoper und Mitternachtskino. Enden wird Park & Breakfast mit einem gemeinsamen Frühstück und alternativem Wellnessprogramm. Treffpunkt ist die Bockenheimer Anlage auf Höhe des Hilton Hotels, Schlafsack nicht vergessen!

Am Samstag, den 30. August laden „red park“ ab 20 Uhr erneut zur Verständigung über die Notwendigkeit kommender Aufstände in die Friedberger Anlage ein. Anlass sind die Sperrbatzen-Krawalle von 1831 am Allerheiligentor. Mehr zur Performance findet sich im Blogpost von letzter Woche.

Wallanlagen_Märchenbrunnen (c) hmf, Foto: Petra Welzel

Außerdem bieten wir am Sonntagvormittag um 11 Uhr zwei Spaziergänge durch die Ausstellung an:

  • Einmal wird es um das Format Stadtlabor unterwegs gehen. Wie entwickelt man eine partizipative Ausstellung und warum sind die Wallanlagen Thema des mobilen Ausstellungsformats? Die Tour bietet einen Überblick über die 60 Ausstellungsbeiträge, steuert ausgewählte künstlerische und historische Beiträge an und wirft einen Blick hinter die Kulissen der partizipativen Ausstellungsarbeit. Treffpunkt ist der Brunnen am Willy-Brandt-Platz.
  • Außerdem wird es einen Rundgang zur Geschichte der Wallanlagen geben. Wenn Sie schon immer einmal wissen wollten, wie und warum es zu den Frankfurter Wallanlagen kam und wie sich die Befestigungsanlagen zu prachtvollen Gärten entwickelten, wer die Macher der Wallanlagen waren und was die „Wallservitut“ ist, dann erhalten Sie Antworten auf dem Rundgang vom Bürgergarten bis zum Nizza am Mainufer. Die Tour mit Manfred und Gabriele Steiner beginnt am Flemings Hotel Deluxe am Eschenheimer Tor.

LiebesBriefe und LiebesGeschichten III

Mittwoch, 20. August 2014 19-21h.

Frankfurter Liebesgeschichten. Wer mit wem und wann. Aus Literatur, Magazinen und aus der eigenen Erinnerung.

An diesem Abend taumeln etliche Passanten – benebelt an der Skulptur vorbei. Gegen 19:15 Uhr versammeln sich Leser und Zuhörer um Geschichten, hier zwischen Kreuzung und Anlage, zu hören und zu lesen. Wie immer ist es laut, aber die kleine Verstärkeranlage von C.G. lässt die Gedichte, Geschichten und Stories durchdringen.

Die Abendsonne versenkt die Umgebung in rotes Licht, – wie passend.

Warum Friedrich Hölderlin angeblich in geistige Umnachtung fiel. Nicht beantworteter Liebesbrief. Die schöne Bäckerin. Gleichnis mit Hase. Gleichnis mit Wein –(Gedichte von V. Luley). Turbulenzen einer Hausgemeinschaft. Steckbrief – Gedicht. Verzweiflung und Spaziergang. Japanische Sicht auf die „Dinge“. Romeo und Julia.

Frankfurter Liebesgeschichten 20.8.2014

Frankfurter Liebesgeschichten 20.8.2014

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Vandalismus in den Wallanlagen

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Nach der dreimonatigen Ausstellungsdauer haben wir ein beachtliches Repertoire an Vandalismus-Akten gesammelt, die von kreativen Aneignungsprozessen über sinnfreie Zerstörung bis hin zu böswilliger Systematik reichen. Wir fragen uns, warum manche Tafeln mit besonderem Vandalismus bedacht und andere einfach links liegen gelassen werden? Sind sie besonders provokant? Oder haben sie nur das Pech an einer stark frequentierten Stelle angesiedelt zu sein? Bieten sie sich als außergewöhnliche Frankfurt-Souvenirs an? Oder liegt es am reizvollen Rüttel-Format? Zu Ende gedacht sind die Überlegungen noch lange nicht und wir freuen uns über Rückmeldungen zum Thema.

Worüber wir uns nicht freuen, sind die Beschmierungen in der Friedberger Anlage, die systematisch auf allen Tafeln zum jüdischen Leben im Ostend und den Anlagentafeln angebracht wurden. Obwohl keine einschlägigen Zeichen verwendet wurden, ist ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen. Es ist erschreckend zu sehen, wieviel Zeit und Genauigkeit aufgebracht wurde, um alle Informationen mit grüner Farbe unleserlich zu machen. Mittlerweile haben wir die Tafeln gereinigt und eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet, die gegen den zielgerichteten Vandalismus vorgeht. Das stadtlabor unterwegs versteht sich als eine Plattform für offenen Austausch und Diskussion, die sich deutlich gegen diese böswillige Form des anonymen Protests positioniert.

Einen erfreulicheren Ausblick bietet die anstehende Neu-Montage von 17 Tafeln und sieben Stangen. Während das Stadtlabor-Team im Mai die ersten Reparaturen noch selbst in die Hand nahm, hat sich mittlerweile so viel angesammelt, dass wir unsere Montagefirma noch mal in die Wallanlagen schicken. Für den letzten Monat der Ausstellung bekommen dann einige Geschichten der Stadtlaborant*innen neue, druckfrische Trägermaterialien, um weiterhin allen Interessierten Wissenswertes über die Wallanlagen zu erzählen. Die Beiträge, die bis heute standgehalten haben, werden im Zuge der Neu-Montage poliert und gewaschen, so dass die Ausstellung auch für die erneut millionenstark angekündigten Museumsuferfestbesucher*innen strahlend-gelb bereit steht. Es gibt also viel zu tun – let’s go to work!

Batzen, Bags and Boxes: Die Sperrbatzenkrawalle

red park lädt zur Verständigung über die Notwendigkeit kommender Aufstände ein! Zwischen historischen Ereignissen und aktuellen Vorkommnissen setzt sich red park mit Fragen um Freiheit im öffentlichen Raum auseinander. Alle Anwesenden sind eingeladen sich an der Performance zu beteiligen und vom Allerheiligentor zum Rechneigrabenweiher das städtische Zusammenleben dynamisch zu verhandeln.

Stadtlabor Beitrag Nr.53

Ausgangspunkt sind die Sperrbatzen-Krawalle von 1831 am Allerheiligentor, die aufgrund einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Frankfurter Bürger/innen entstanden. Die willkürliche Festsetzung einer von oben verordneten Einschränkung der Öffnung der Stadttore führte am 24. und 25.Oktober 1831 zu heftigen Kämpfen zwischen bewaffneten Sicherheitskräften (Linienmilitär) und Teilen der nach Freiheit strebenden Bewohner/innen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Die Schließung der Stadttore um 21h statt um 22h, wie es an den Herbstfesttagen seit langem üblich war, zeigte sich als ein Akt der Provokation, der nicht stillschweigend hingenommen wurde. Der Versuch das stetig wachsende Freiheitsstreben durch Repression und Disziplinierungsinstrumentarien einzuschränken scheiterte am Willen der Frankfurter Bürger. Der finanzielle Aspekt bei der Zwangsabgabe eines ‚Sperrbatzen’, um nach 21h die Stadttore noch passieren zu dürfen spielte hierbei eine untergeordnete Rolle. Das Aufbegehren richtete sich gegen systematische Regulierungen und die Bevormundung durch die Stadtregierung.

Sperrbatzen-Krawall am Allerheiligentor am 24.10.1831

Auch heute findet, in den letzten Jahren verstärkt, ein Ausschluss von Bürger/innen aus der Innenstadt statt: durch steigende Mieten, die Regulierung abweichenden Verhaltens, racial profiling und die zunehmende Privatisierung und Ökonomisierung des öffentlichen Raums.

Die Performance bringt verschiedene Perspektiven der Ereignisse der Herbsttage 1831 zur Erscheinung und setzt sie in Bezug zu aktuellen Diskursen. Auf der zweiten Ebene werden zentral die brisanten Konflikte thematisiert, wie sie aus den Forderungen nach einer Veränderung alltäglicher Verhältnisse und der Notwendigkeit kommender Aufstände entstehen, die mit Stadtentwicklungsprozessen und Stadtmarketingtendenzen kollidieren.

Vorab gibt es im Audiobeitrag auf der Smartphone-App schon mal eine akustische Einstimmung.

Treffpunkt: 30. August 2014, 20:00h Allerheiligentor/Friedberger Anlage (Ausstellungspunkt 53) oder um 21h am Rechneigraben

Müll zu Schönheit?

Kann Müll schön sein? Wie lässt sich Arbeit sichtbar machen? Wie viel Müll fällt eigentlich in den Wallanlagen an?

In drei Monaten entstehen 55 Kubikmeter Müll allein in der Friedberger Anlage – etwa soviel wie ein geräumiges Wohnzimer fassen kann. Die Parkreiniger der integrativen drogenhilfe Café friedA machen den Müll weg – täglich. Gemeinsam mit der Kommunikationskünstlerin Gabriele Juvan entstand im vergangenen Jahr die Idee, aus dem Müll Kunst zu machen und damit sein Ausmaß sichtbar zu machen, erzählt Irene Meyer, die Leiterin der Einrichtung. Eine sichtbare Skulptur wächst auf der Wiese vor der Einrichtung und vielleicht wichtiger: unsichtbare Beziehungen entstehen. Die Teilnahme am „Stadtlabor“-Projekt bedeutet für Tobias (30) Wertschätzung und Anerkennung seiner Arbeit – und die Mitarbeit bei dem Kunstprojekt gibt seinem Tag mehr Struktur. Sein Projekt ist außerdem ist die Pflege der Facebook-Seite, die er extra dafür angelegt hat – dort stellt er Bilder vom Prozess ein.

Die Rückmeldungen zum Projekt sind kontrovers – viele verstehen nicht, was die Drahtgitterkörbe mit dem Müll sollen und ärgern sich darüber, andere versuchen, die Körbe aufzubrechen um vielleicht noch eine Pfandflasche zu erwischen. Viele der Schüler der angrenzenden Julis-Leber-Schule begegnen den Parkreiniger-Team hingegen mit Respekt – durch das Projekt kommen viele neue Gespräche und Kontakte zustande. Viele finden es wichtig, dass das Ausmaß des Mülls, den wir produzieren, sichtbar wird; andere denken, dass gerade die Verbindung zwischen künstlerischem und sozialem Ansatz den Wert des Projekts ausmacht. Das Team hat immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen – der Müll muss sortiert werden, bevor er in die Drahtgitterkörbe kommt – zu groß wäre die Gefahr, dass die Skulptur anfängt zu stinken und Ratten anzieht. Die Motivation für diese Arbeit ist nicht immer leicht und da hilft es, dass Gabriele Juvan einen Kuchen backt, sobald ein Korb gefüllt wird.

Die Müllskulptur ist lebendiger Teil von „park in progress“ – sie wächst, sie verändert den Ort, den wir mit dem Stadtlabor untersuchen und sie weckt Bewusstsein für die Grünfläche und vielleicht ihren Wert. Wer die Skulptur beim Wachsen beobachten möchte, kann dies in der Friedberger Anlage tun. Beitrag Nr. 47 in der Wanderkarte…HM_Stadtlabor_Map_A2_140423_final-page-002_web

Termin: Wer mehr über das Projekt wissen möchte, kommt zum Werkstattgespräch am 20. September um 15 Uhr – dann wird die fertige Skulptur nur für kurze Zeit präsentiert, danach wird sie abgebaut. Ein Audiostatement vom Team zum Projekt gibt´s in der Smartphone-App.

 

Urbaner Klangteppich

Wer kennt sie nicht, die Klänge der Stadt: Baustellengeräusche, Motorenlärm, Vogelgezwitscher und Stimmengewirr. Man könnte sich still mit geschlossenen Augen in die Stadt stellen und nur auf den Klang konzentrieren – man würde noch viel mehr entdecken, um die Stadt zu vermessen. Auch die Wallanlagen haben einen eigenen Klang – zwischen Hochhäusern bricht sich der Schall der Baustellen und manchmal setzen sich die Vögel gegen die Straßenbahn durch. CLUBbleu hat zugehört.

Die Musik, die von den beiden Künstlern daraus entwickelt wurde, verwundert und fasziniert gleichzeitig: Experimentelle, abgehackte Sounds vermischen sich mit elektronischen Rhythmen, aus minimalen Sequenzen der Stadt entstehen neue Klangteppiche. CLUBbleu nennt das Recycling. Recycelt werden Sounds von Orten, die visuell als „Ort“ verstanden werden, auditiv hingegen einen Nicht-Ort darstellen. Eine Beobachtung, die von den beiden Künstlern in Frankfurt während ihrer Field-Recordings häufig gemacht wurde.

Das Ergebnis: Elektro-Noise-Klänge, analoge Synthesizer, Field Recordings und Live-Elektronik verbinden sich in ihrer Musik mit Einflüssen aus elektroakustischer Musik und Elementen aus Electronica, Industrial und Death Metal. Wie das klingen kann?

CLUBbleu sind Julia Mihály und Felix Leuschner – die beiden Künstler haben sich neu niedergelassen im Rhein/Main Gebiet und das Stadtlabor-Projekt von Anfang an begeistert begleitet, uns kräftig beim Crowdfunding unterstützt und  das Gesamtprojekt als Chance für sich begriffen, die Stadt zu entdecken, zu vermessen, anzueignen. Mit ihren einzigartigen, faszinierenden Sound-Komposititionen haben Sie einen eigenen Wallanlagen-Klang geschaffen. Das Konzert am 16.7. wurde nicht zuletzt durch den Visuellen Künstler Tosh Leykum aus Hannover zu einem fesselnden Gesamterlebnis. Vielen Dank!

Wers gerne mag: Hier geht es zur Smartphone-App – für jede der sieben Anlagenabschnitte haben CLUBbleu einen eigenen Sound komponiert. Wer es noch mehr mag, kann die CD „Dark Energy – frankfurt album“ im historischen museum erwerben!